Beim Rotkreuz in den besten Händen

Beim Bundeswettbewerb der Bereitschaften in Darmstadt überzeugt der Ortsverein Nierstein-Oppenheim. Hier sind Menschen in Not in den besten Händen, die im Moment in Deutschland zu finden sind.

20.09.2019, 17:00 Uhr

Auf dem Hof des DRK-Ortsvereins Nierstein-Oppenheim wird es voll. Insgesamt 19 Helfer laden Taschen, Dienstbekleidung, Feldbetten und Schlafsäcke in die bereitstehenden Busse. Eine halbe Stunde später geht es los … Die Delegation, die an diesem Wochenende den DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz beim diesjährigen Bundeswettbewerb der Bereitschaften vertreten wird, rollt gen Darmstadt, dem diesjährigen Austragungsort der deutschen Meisterschaften in Erste Hilfe.

20.09.2019, 18:50 Uhr

Einchecken, anmelden, Gastgeschenke entgegennehmen … Ein Problem tut sich auf: es ist nicht möglich, das mitgereiste Motivationsteam auch in der für die Startergruppe vorgesehenen Unterkunft unterzubringen. Es wird die gemeinsame Entscheidung getroffen, dann tatsächlich lieber nach der Abendveranstaltung wieder nach Hause zu fahren und gemeinsam in der Fahrzeughalle des Ortsvereins zu übernachten. Diesen Freitagabend gemeinsam zu verbringen und gemeinsam Spaß zu haben, ist allen Mitreisenden wichtiger, als erholsamer Schlaf 😉

20.09.2019, 20:00 Uhr

Die Abendveranstaltung beginnt. Der Gruppenführer aus Nierstein-Oppenheim läuft unter tosendem Applaus der Mitgereisten mit den anderen Mannschaftsführern ein. Die Startnummern werden verlost.

20.09.2019, 21:00 Uhr

Die Reisegruppe aus Nierstein-Oppenheim formiert sich, um die Rückfahrt anzutreten und das Nachtlager in den eigenen vier Ortsvereinswänden aufzubauen. Während der Verabschiedung passiert tatsächlich etwas Unglaubliches … Der gastgebende Ortsverein und noch amtierende Bundessieger 2018 lädt kurzerhand ein, im eigenen Lehrsaal zu übernachten. Völlig überwältigt von dieser unbürokratischen, kameradschaftlichen Lösung ist die Gruppe aus Rheinland-Pfalz keine fünf Minuten später auf dem Weg in die Räumlichkeiten des DRK-Ortsvereins Darmstadt-Arheilgen.

20.09.2019, 22:30 Uhr

Die Betten sind gebaut, der erste Persching dreht seine Runden und der gemütliche Teil des Abends beginnt. Immer wieder reihen sich auch Kameraden aus Darmstadt ein und immer wieder werden gemeinsame Erinnerungen vergangener Bundeswettbewerbe und Rotkreuzerlebnistage ausgetauscht.

21.09.2019, 02:00 Uhr

Es ist früh geworden. Nach und nach übermannen die Helfer Müdigkeit und Schlaf. Auch die Darmstädter Kameraden müssen am Samstag wieder früh in der Unterkunft sein, um den innerstädtischen Parcours mit aufzubauen. Es wird langsam ruhig im Lehrsaal …

21.09.2019, 05:00 Uhr

Unten in der Fahrzeughalle beginnt es zu rumoren. Auch die Gäste aus Nierstein-Oppenheim müssen in die Gänge kommen. Der Lehrsaal muss bis 6:15 Uhr komplett zurückgebaut sein, damit alle pünktlich am Frühstückstisch sitzen.

21.09.2019, 07:36 Uhr

Es wird ernst! Die Straßenbahnlinie S9 bringt die Wettbewerbsteilnehmer und ihre Begleiter in die Innenstadt direkt zum Schlossplatz. Hier werden die 59. Bundeswettbewerbe der Bereitschaft offiziell durch den Bundesbereitschaftsleiter Martin Bullermann und den Vizepräsidenten des Deutschen Roten Kreuzes Dr. Volkmar Schön eröffnet. Mit dem markanten Satz „Mögen die Spiele beginnen“ werden die 15 Teilnehmergruppen auf den 12 Stationen umfassenden Parcours entlassen. Der stellvertretende rheinland-pfälzische Landesbereitschaftsleiter lässt es sich nicht nehmen, „sein“ Team an diesem Tag gemeinsam mit seiner Familie zu begleiten.

21.09.2019, 09:30 Uhr

Eine Stunde nach dem Zeitplan beginnt dann tatsächlich der Wettkampf für die Rheinland-Pfälzer. Los geht es mit einer Aufgabe aus dem Bereich „Sanitätsdienst“ mitten auf dem sehr belebten Luisenplatz. Hier wurden die ansässige Apotheke überfallen und dabei der Apotheker, seine Angestellte sowie zwei Passanten vom flüchtenden Täter verletzt.

Direkt im Anschluss findet sich die Gruppe neben einer Imbissbude wieder, die durch eine Verpuffung stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Drei Verletzte müssen hier versorgt werden.

Als nächstes stehen die Einzelaufgaben an: eine Säuglingsreanimation, die Betreuung einer blinden Frau und ein bewusstloser Feuerwehrmann unter Atemschutz müssen unter anderem versorgt werden.

Trotz inzwischen mehr als einer Stunde Verzug im Zeitplan geht es nahezu direkt mit der nächsten Erste-Hilfe-Aufgabe weiter. Hier gilt es, den Streit unter einer Gruppe Trinkfreudiger im Herrngarten zu schlichten und die entstandenen Blessuren zu versorgen.

21.09.2019, 12:30 Uhr

Das Mittagsloch droht, aber noch trennt die Starter eine sehr „intensive“ Betreuungsaufgabe von der verdienten Mittagspause: Stromausfall in einem Darmstädter Stadtteil lautet das Szenario. Das Errichten einer Anlaufstelle für Hilfeersuchende ist die Aufgabe. Nach und nach treffen Betroffene mit einem bunten Blumenstrauß sehr individueller Bedürfnisse ein. Insgesamt sieben Betroffene sind nach kurzer Zeit in der Betreuungsstelle.

Dann ein harter Bruch. Es folgt die Theorieaufgabe und es geht dafür zurück auf die Schulbank. Drei Seiten bunt gemischte Theoriefragen warten – von den Genfer Konventionen über das besondere Verhalten in Großschadenslagen (Amok, Terror) bis hin zu Fragen zum Infektionsschutzgesetz – es ist wirklich alles dabei.

21.09.2019, 14:30 Uhr

Als nächstes wartet schon ein Skateboardfahrer, der nach einem verunglückten Trick ein ungeplantes Rendezvous mit einem Radler und einer Passantin hatte.

Und weiter geht es ohne große Verschnaufpause dann bei einer Staubexplosion in einer Holzwerkstatt, wo drei Mitarbeiter verunglückt sind. Eine Pfählungsverletzung mit einem Stichsägeblatt und ein Knalltrauma sind hier die besonderen Herausforderungen.

21.09.2019, 15:45 Uhr

Dreiviertel-Zeit 🙂 – d.h. 75% der Aufgaben sind geschafft. Nun gilt es, noch einmal alle geistigen und körperlichen Kräfte zu mobilisieren. Die „Zitteraufgabe“ steht bevor. Die Achillesferse der Nierstein-Oppenheimer der letzten Jahre: die Aufgabe aus dem Fachbereich „Technik & Arbeitssicherheit“. Der Joker kommt zum Einsatz. Und was soll man sagen … Es hat geklappt! Der Ersatzstromerzeuger (ESE) wird innerhalb der vorgegebenen Zeit zielgerichtet aufgebaut und entsprechend abgesichert. Der Fahrzeugwart glänzt währenddessen beim Rückwärtseinweisen. Geschafft und das Gefühl sagt:  es gab nicht so viel zu bemängeln.

21.09.2019, 16:45 Uhr

So langsam nimmt der Parcours noch einmal Fahrt auf. Ohne Wartestationen werden die letzten drei Aufgaben mehr oder weniger in einem Rutsch absolviert.

Zunächst ein Unfall auf einer Hüpfburg mit zwei schwerverletzten Kindern, die transportbereit „verschnürt“ werden sollen.

Danach eine Gruppe Senioren, die beim Wanderausflug im Schlossgraben verunglückte. Ein Herzkreislaufstillstand und eine Patientin mit allergischem Asthma sind hier unter anderem zu betreuen.

21.09.2019, 17:30 Uhr

Last call! Am Weißen Turm kam es nach einem Heimspiel der Lilien zu einer Schlägerei. Vier Fans wurden dabei verletzt. Eine Person hat Pfefferspray in die Augen bekommen. Auch diese letzte Aufgabe meistert die rheinland-pfälzische Startergruppe zu ihrer Zufriedenheit und dann ist es Geschichte. Die Mannschaft „Mimimis“ bzw. „Grüner Tee“ hat ihre letzte Aufgabe auf ihrem letzten Wettbewerb im Sack.

Um 17:45 Uhr nehmen die Starter Abschied von der aktiven Wettbewerbskarriere und räumen so gleichzeitig die Bühne für den Nachwuchs, der im nächsten Jahr dann in die Fußstapfen treten bzw. neue, eigene Fußspuren hinterlassen möchte.

Wehmütig, aber auch stolz auf die erbrachte Leistung und das vielfache Lob der Stationsschiedsrichter vor allem für die absolut harmonische Zusammenarbeit noch in den Ohren, folgt die Reisegruppe aus Nierstein-Oppenheim sehr gerne der Einladung der mittlerweile ebenfalls dazu gestoßenen Landesbereitschaftsleiterin zu einer Runde Eis.

21.09.2019, 18:30 Uhr

Zurück an der Schule rettet erst einmal die Dusche. Das warme hessische, super leckere Abendessen tut sein Übriges, um alle Lebensgeister wieder zu wecken. Gespannt verfolgen alle das Abendprogramm und pünktlich um 21:30 Uhr beginnt die Siegerehrung.

Der Jubel ist riesig als feststeht, dass das Team aus Nierstein-Oppenheim wieder einen Pokal mit nach Hause nehmen darf. Gemeinsam mit den Mannschaften aus Münchingen und Ibbenbüren stehen die Rheinland-Pfälzer auf der Bühne. Und dann verkündet Martin Bullermann zunächst das, was wirklich mit großem Stolz erfüllt: der erste Platz in der Sonderwertung „Patientenorientierung / Menschliche Zuwendung“ geht in diesem Jahr nach Nierstein-Oppenheim! Eine ganz besondere Auszeichnung! Was bringen alle fachlichen Maßnahmen, wenn ein Helfer es nicht schafft, eine Verbindung zu dem Menschen gegenüber herzustellen. Jeder, der bereits in einer Notsituation war, weiß, wie wichtig der Zuspruch und das Gefühl des „Aufgehobenseins“ sind. Die notwendige Empathie hierfür kann man nicht auf Lehrgängen lernen.

In Nierstein-Oppenheim sind Sie nicht nur in guten Händen, sondern in den besten, die Sie im Moment in Deutschland finden können 😉

Wenige Minuten später ist dann auch das Ergebnis des Bundeswettbewerbs klar. Die Gruppe aus Rheinland-Pfalz erzielt den Vizemeister-Titel – und das bereits zum vierten Mal. Eine konstante Leistung eines über die Jahre gewachsenen Teams, das gelernt hat, die Stärken jedes Einzelnen optimal zu nutzen und die Schwächen optimal auszugleichen.

Gratulation an dieser Stelle an die Mannschaften aus Münchingen (3. Platz) und aus Ibbenbüren (1. Platz). Alle haben eine hervorragende Leistung erbracht! Herzliche Glückwünsche nach Baden-Württemberg und nach Westfalen-Lippe.

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